Ski-Hochtourenkurs mit Besteigung des Cevedale oder: Vier Tage – Vier Gipfel

Alpinschule Garmisch GbR
Ski-Hochtourenkurs mit Besteigung des Cevedale oder: Vier Tage – Vier Gipfel - Mit der Alpinschule Garmisch auf den Cevedale - ein Reisebericht

Ende März durften wir trotz des bekanntlich eher schneearmen Winters vier sensationelle Tage in Südtirol verbringen. Unser Stützpunkt war dabei die auf 2600m gelegene Marteller Hütte, von der uns eine Vielzahl an unterschiedlich schwierigen Skitouren zur Auswahl standen, sodass für nahezu jeden etwas dabei ist. Eine gute Grundkondition sowie fundierte Kenntnisse in Aufstiegstechnik und Abfahrt natürlich vorausgesetzt.

Am ersten Tag mit Treffpunkt um 10 Uhr am Privatparkplatz der Marteller Hütte begrüßten wir unseren Bergführer Rainer Egger bei frühlingshaften Temperaturen. Rainer – mit Wurzeln im Leistungssport und jahrzehntelanger Erfahrung in diversen leitenden Ausbildungsfunktionen – darf getrost als „alter Hase“ am Berg bezeichnet werden, von seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz konnte jeder Teilnehmer profitieren und für sich etwas mitnehmen. Ganz nebenbei verfügt der Ü60er noch über eine Kondition, die so manch vermeintlich fitteren Jüngling blass aussehen lässt.
So wurde das Programm des ersten Tages auch gleich um die Madritschspitze erweitert, sodass mit dem letzten Gegenanstieg des Tages gute 1.500 Höhenmeter auf der Uhr standen. Bei Start auf 2.000m Seehöhe ein durchaus sportlicher Auftakt. Der strahlende Sonnenschein und die grandiosen Aussichten ließen die Anstrengungen und den – aufgrund der doch zu warmen Temperaturen – recht nassen Sulzschnee aber schnell vergessen. Den Tag konnten wir dann gemütlich auf der Terrasse der Martellhütte und bei einem guten Abendessen ausklingen lassen.

In der ersten Nacht auf 2.600m ist es nicht ungewöhnlich, dass der Körper noch mit der für die meisten doch ungewohnt dünneren Luft beschäftigt ist und die Erholung nicht ganz auf dem Niveau abläuft, die man von zuhause gewohnt ist. Das sollte man bei derartigen Touren und Vorhaben immer im Hinterkopf behalten und mit seinen Energiereserven entsprechend behutsam umgehen.
In unserer Gruppe waren allerdings alle ausreichend erholt, auch wenn dem einen oder anderen die etwas unruhigere Nacht durchaus abzulesen war. Nach einem starken Kaffee und ausgiebigen Frühstück erfolgte der Aufbruch mit Ziel Eisseespitze.
Die kurze Abfahrt auf der nun verharschten Schneedecke rüttelte auch die letzten Lebensgeister wach, sodass die nun folgende Tour wiederum ein voller Erfolg wurde. Nach gefühlt über 20 Grad am Vortag standen heute etwas trüberes Wetter und endlich auch wieder kühlere Temperaturen auf dem Programm. Neben Basics zum Verhalten auf dem Gletscher und kurzer Spaltenbergungsinstruktion, gab Rainer auch wertvolle Tipps zur Verfeinerung der Spitzkehrentechnik, die auf solchen Touren natürlich unverzichtbar ist. Auf der Eisseespitze selbst hielten wir uns aufgrund des ziemlich ungemütlichen Windes mit einsetzendem leichten Schneefall aber nur sehr kurz auf. Den Nachmittag rundeten wir dann auf der Hütte mit Knotenkunde und Theorie ab.

Am dritten Tag sollte nun mit der Besteigung Italiens dritthöchsten Berges das Highlight des Kurses folgen. Der 3769m hohe Monte Cevedale ist bei guten Bedingungen ein technisch nicht zu anspruchsvoller Skitourenberg, der Aufstieg über den Gletscher erfordert aber Erfahrung im Hochtourengehen und entsprechende Kenntnisse in der Seilschaft.
Von der Hütte weg durften wir noch ein paar Mal einen kurzen Blick auf die Sonne erhaschen, während uns im weiteren Verlauf dann der starke Westwind mit Böen über 70 km/h und dichter Nebel die Orientierung etwas erschwerte. Die -11 Grad waren dank des Windchill-Effektes auch deutlich unangenehmer, sodass sich einige Gruppen zur Umkehr entschlossen, wie wir später auf der Hütte erfuhren. In unserer Gruppe war die Motivation aber nach wie vor hoch und auch Rainer war jetzt bei „endlich einmal richtigen Hochtourverhältnissen“ spürbar in seinem Element.

Am Skidepot angekommen entschlossen wir uns, die Ski abzulegen und auf Steigeisen zu wechseln. Die erste Gruppe des Tages bestand aus einer Dreier-Seilschaft und wir konnten ihren erfolglosen Versuch, auf Ski die steile Nordwestflanke zu queren, dank nun etwas besserer Sichtverhältnisse gut beobachten. Aufgrund einer sich auftuenden – zum Glück nicht allzu großen – Gletscherspalte war die Querung alles andere als sicher, sodass sich auch diese Seilschaft dann ihrer Ski entledigte, allerdings in einer deutlich ungünstigeren Position. Eine zweite Gruppe entschied sich dann hierauf gleich zur Umkehr, sodass wir nun die Querung in Angriff nehmen konnten. Die Spalte war dank Steigeisen & Pickel dann doch recht gut zu überwinden und der restliche Aufstieg gestaltete sich problemlos.
Nach etwas über 4 Stunden endlich am heißersehnten Ziel angekommen, hatte auch der Wind kurzzeitig ein Erbarmen mit uns, sodass wir den Gipfel wirklich genießen konnten, zumal wir ihn alleine für uns hatten, was beim Cevedale sicherlich Seltenheitswert hat.

Nach dem obligatorischen Gipfelfoto und den nur teilweise erfolgreichen Versuchen, die gefühllosen Fingerspitzen wieder warm zu bekommen, machten wir uns rasch an den Abstieg. Am Skidepot waren nun sicherlich 5-6 weitere Gruppen angekommen und viele weitere folgten noch nach. Wir waren daher froh, nun in die Abfahrt überzugehen und auch wenn die ersten Schwünge nahezu im White Out erfolgten, machte die leichte Neuschneeauflage die Abfahrt zu einem kurzweiligen Vergnügen.

Der vierte & leider auch schon letzte Tag sollte uns trotz Zeitumstellung und einer noch anstehenden Heimreise dennoch eine schöne Tour bescheren und so brachen wir zeitig auf und wählten die Cima Marmotta, oder auch Köllkuppe, als Tagesziel. Der 3330m Gipfel ist von der Martellerhütte aus nur etwas über 4km entfernt und bot sich somit als ideale Abschlusstour an.

Kurz vor der ersten Schlüsselstelle – einer kleinen Steilstufe hinauf zum Hohenferner - gelang es uns glücklicherweise, drei italienische Gruppen zu überholen, die mit insgesamt über 20 Personen das gleiche Ziel hatten. Da die vereiste Stelle nur ohne Ski zu überwinden war, staute es sich dann hinter uns recht ordentlich. Über den Hohenferner marschierten wir nun südwärts auf den letzten Steilhang zu, kurz vor dessen Ende wechselten wir abermals auf Steigeisen. Bei guten Verhältnissen ist der Aufstieg auch mit Ski machbar, die Schneelage war dafür aber leider zu dürftig. Die kleine Kletterpassage auf den Grat war schnell überwunden und wir standen auf unserem letzten Gipfel.


Wir freuten uns, dass der Wetterbericht wieder einmal komplett daneben gelegen hatte und uns statt dichter Bewölkung ein herrlicher & sonniger Rundumblick erwartete. Von der Brenta über Monte Vioz, San Matteo, Palon de la Mare, Veneziaspitzen bis hin zur Zufallspitze, Königsspitze & Ortler konnten wir uns am traumhaften Panorama gar nicht satt sehen.

Überglücklich, nun auch den vierten Gipfel erfolgreich gemeistert zu haben, war die darauffolgende Abfahrt im frischen Pulver noch eine letzte Belohnung, bevor wir auf der Zufallhütte die Tour mit einem wohlverdienten Bierchen in der Sonne abschließen konnten. Zwischenzeitlich schob sich dann doch die angekündigte Schlechtwetterfront heran, die Entscheidung zur letzten Abfahrt hinab zum Parkplatz fiel uns daher nicht schwer.

Vier erlebnisreiche Tage und vier lohnenswerte Gipfel, eine riesige Bandbreite an Wetter-  & Temperaturlagen sowie die unterschiedlichsten Schneearten ließen unseren Hochtourenkurs wahrlich zu einem unvergesslichen Erlebnis werden. Ein großer Dank an dieser Stelle noch einmal an Rainer, der uns das Alles mit seiner empathischen & hochprofessionellen Führungsart ermöglichen konnte.


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